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Aus der Art geschlagen

In einigen Tagen wird der närrische kleine Tuk sechs Jahre alt.
Unser Nesthäkchen, unser letztes Kind, unser Sonnenschein.
Und unser besonderes Kind mit all seinen speziellen Bedürfnissen, mit dem wir so viel durch haben.
Einschließlich Ärzte-Odyssee und Operationen.

Er ist wunschlos glücklich.
Er will nichts, er will keine Party, kein Fest, keine Gäste, keine Geschenke.

"Einen Schokokuchen, Mami. Aber bitte ohne Sahne."

Alle Kinder hier wissen, dass ich an ihren Geburtstagen die Welt für sie anhalte.
Weil mir das wichtig ist.
Das gesamte Haus mutiert auf über 200 Quadratmetern zu Spinnenhöhlen, Vampirgruften, zu Unterwasserwelten oder wird mit 5000 Luftballons gefüllt.
1000 Quadratmeter Garten verwandeln sich in die Welt von Minecraft, ich hebe Gräben aus und baue Weltraumkioske, hole Pferde, baue gigantische Drachen oder wir kämpfen als Pflanzen gegen Zombies.
Nichts ist unmöglich.
Wir verköstigen auf Geburtstagen ganze Heerscharen von Kindern, zu unseren eigenen sechs Kindern kommen normalerweise noch 2-4 Freunde von Geschwisterkindern (oft als Helfer in besonderen Rollen) und geladene Partygäste, von mindestens 6 bis hoch zu 16 weiteren Leuten.
Die Kinder haben schließlich alle unterschiedlich große Freundeskreise.

Und das kleinste Familienmitglied will ... nichts von alledem.

Das ließ mich erst einmal ratlos zurück.
Er liebt Partys und den Trubel darum, er hat Freunde und im Vergleich zu seinen Geschwistern nur wenig Spielzeug für sein Alter.

Bei genauerem Nachdenken hätte ich drauf kommen können.
Er ist hier als Kleinster mit seinen Besonderheiten so eingebettet in unsere Familie wie sonst kein Kind vor ihm.
Alle Geschwister lesen ihm jeden Wunsch von den Augen ab, er ist durch seine jahrelange Taubheit immer im Fokus gewesen.

Immer der Mittelpunkt, immer waren alle bemüht, ihn und seine Anliegen zu verstehen.

Er war der einzige, mit dem in Zeichensprache kommuniziert werden musste, alle großen Geschwister haben sich bei Problemen immer wie Löwenmütter vor ihn gestellt.

Egal, ob er auf dem Spielplatz von anderen Müttern oder Kindern doof angesprochen wurde oder ob die blöde Bäckereiverkäuferin meinte, bemerken zu müssen, dass er so komisch lallen würde.
Er bewohnte jahrelang nicht sein eigenes Zimmer, weil er nachts bei uns schlief und tagsüber immer in den Zimmern seiner Geschwister willkommen war.
Er braucht selber kaum Spielzeug, weil er Zugriff auf 3 weitere Kinderzimmer samt Spielzeug hat.

Er ist das Kind, das hier am meisten in sich ruht.
Das, das inzwischen auch einfach mal für Stunden im eigenen Zimmer verschwindet und die Ruhe genießt.
Das, das immer gut gelaunt ist, immer in seiner Mitte schwebt, großzügig und empathisch ist und so unglaublich viel Charisma besitzt.

Mein Baby.

Und wenn genau das sein Wunsch ist, dann werde ich den schönsten Schokokuchen ohne Sahne für ihn machen, den er sich nur vorstellen kann.

Und den Rest einfach loslassen.

Kati 05.10.2017, 15.00

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Hanna

Ich wünsche dem kleinen Mann für dein neues Lebensjahr nur das Allerbeste! Dein Bericht hat mir sehr gefallen,es ist ein bemerkenswertes Kind! Schön dass er in so einer liebevollen Familie aufwaschsen kann!

vom 06.10.2017, 14.21


Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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