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Chaotenkinder

Die beiden chaotischen Mittelkinder prügeln sich durch den Garten.

Natürlich erst, nachdem sie die letzten 10 Minuten damit verbracht haben, sich über die Regeln zu streiten.

Soweit ich erkennen kann, haben sie sich geeinigt und gehen nun mit vollem Körpereinsatz aufeinander los.
Ich sitze mit dem großen Tochterkind auf der Terrasse und betrachte das Schauspiel.

Der kleine Braunbär, der mal ein Hund werden wollte, liegt neben mir und fiept aufgeregt, wird aber von mir angeranzt, dass er liegenbleiben muss.
Ich weiß nur zu gut, wohin es führen würde, wenn jetzt auch noch 40 Kilogramm Muskeln mit Reißzähnen in das Geschehen eingreifen würden.

Der Kobold hat einen enormen Reichweitenvorteil durch seine langen Gliedmaßen.
Er ist untergewichtig, besteht aber nur aus Muskelmasse.
An Schnelligkeit und Wendigkeit ist er ihr weit überlegen.

Die Kriegerprinzessin ist fast so groß wie er, wiegt aber über 10 Kilogramm mehr.
Sie hat Masse und kann sie einsetzen.

An Kraft sind die beiden sich ebenbürtig.

Er kann Seine zwar besser und gezielter einsetzen, nimmt aber auch immer noch Rücksicht auf die vermeintlich kleine Schwester.
Ich habe selber schon mit ihm gerungen und weiß, wie es sich anfühlt, wenn er mit voller Kraft dabei ist.
Er ist im Moment zwar noch etwas kleiner als ich, aber da muss ich langsam an den Mann abgeben, weil ich ihm kein guter Trainingspartner mehr bin.

Die Kriegerprinzessin nutzt den Vorteil, den sie durch seine Rücksicht hat, hemmungslos aus.
Ich sehe, wie sie ihn zu Boden gedrückt, ihm die Arme auf den Rücken gedreht hat und verschwitzt und mit völlig zerzausten hüftlangen Haaren lautes Triumphgeheul anstimmt.
Der Hund winselt leise vor sich hin.

Der Kobold keucht und flucht und dreht sich aus ihrer Umklammerung.
Kaum, dass er seine Arme befreit hat, stemmt er sich hoch und steht langsam auf.
Mit ihr auf dem Rücken.
Sie kreischt empört und schlägt von oben auf ihn ein.

"Motte!"
, ermahnt er sie sachte. "Keine Schläge auf Kopf oder Hals!"

Ich grinse.
Regeln sind nun mal Regeln.

Sie schäumt vor Wut, umklammert ihn und lässt sich mit ganzem Gewicht nach hinten fallen.
Beide stürzen zu Boden, beide keuchen auf.
Ein Knäuel aus Gliedmaßen und Haaren rollt über den Rasen und ab und an jault einer der beiden schmerzerfüllt.
Wir haben mal wieder einen Punkt erreicht, an dem keiner der beiden Sturköpfe nachgeben kann.

Das große Tochterkind und ich sind mit unserem Frühstück auf der Terrasse fast fertig und unterhalten uns leise.
"Da heult gleich einer!", stellt sie fachmännisch fest.
Ich nicke.

"So!", rufe ich laut, "Wer räumt mir denn jetzt mal die Geschirrspüle aus?"

Beide drehen den Kopf in meine Richtung.
Sehen sich kurz an und verdrehen die Augen.
"Muss das sein?"

Ich nicke bestimmt.

Beide humpeln murrend ins Badezimmer um sich zu waschen.
Als sie wiederkommen, haben sie sich geeinigt, dass Einer die Unter- und Einer die Oberetage ausräumt.

Die Kriegerprinzessin verkündet lautstark, wieviel Glück der Kobold hätte, dass sie jetzt die Geschirrspüle ausräumen müssten.
Sie hätte sonst bestimmt gewonnen.
Ich lächle milde.
Als sie fertig sind, schmust der Kobold kurz an mir vorbei und flüstert in mein Ohr: "Danke, dass du die Motte gerettet hast. Ich hätte sie ja sonst besiegt. Und dann hätte sie wieder geweint."
Ich muss mir mein Schmunzeln verkneifen und nicke ernsthaft.

Als die beiden lautstark zwei Etagen nach oben turnen, um irgendein neues Projekt zu starten, sieht das große Tochterkind mich grinsend an.

"Du Fuchs!"

Kati 08.08.2017, 12.00

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Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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