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Der Kiosk

Als ich hier vor 15 Jahren ankam, mit nur einem Kind, einem Hund und so viel Gepäck, Habseligkeiten und Möbeln, wie in einen kleinen Honda passte, da war der Kiosk noch eine Tankstelle.
Er sollte in den Jahren danach noch Pizzeria sein, Frittenbude, Privatwohnung, Dönerstand und war zwischendurch immer mal lange Monate verlassen.

Vor einigen Jahren nun zog eine türkische Familie hierher, die sich des Kiosks angenommen hat. Morgens um 6 Uhr werden die Monoblocks vor die Tür gestellt, der Tisch kommt in die Mitte und dann holt man sich von der gegenüberliegenden Bäckerei erst einmal Frühstück.
Wenn ich zum Sport gehe, stehen bereits einige Aufsteller draußen und die Familie ist zu Kaffee und Zigaretten übergegangen.

Innen ist der Kiosk ein Kiosk, wie ich ihn aus meiner frühesten Kindheit kenne.
Eng, vor allem.
Man muss aufpassen, dass man beim Drehen nicht die halbe Ladenenrichtung herunterreißt, überall stehen Bonbongläser, Zigaretten, Zeitschriften und billige Spielsachen. Für meine Kinder ist dieser kleine Ort eine Goldgrube.
Man bekommt grundsätzlich bei jedem Besuch einen Lolli geschenkt - egal ob man nun etwas gekauft hat oder nicht.
Wenn man nicht genug Geld dabei hat, dann werden schon mal ein paar Cent erlassen und alles in der warmherzigsten Atmosphäre, die man sich nur denken kann. Unterricht im Grundwortschatz Türkisch inklusive.
Die Kinder kommen regelmäßig mit den weißen Papiertütchen voller Süßigkeiten von dort wieder, die auch ich noch aus meiner Kindheit kenne. Ich war einige Male mit, wurde mit offenen Armen empfangen, die Kinder liebevoll sofort mit ihren Lieblingssüßigkeiten versorgt und ich hätte mich am liebsten zu der Familie um den Tisch inmitten von Aufstellern mit Vuvuzelas und Merchandizing-Artikeln von 2006 dazugesetzt.

Ich hoffe, dass dieser Kiosk, der mit soviel Liebe und Herzblut betrieben wird, einmal einen besonderen Platz in den Kindheitserinnerungen meiner Kinder haben wird.

Kati 27.01.2020, 18.00

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Tina

So herzerwärmend!

Wir haben hier so einen ganz typischen Tante Emma Laden im Dorf. Den einzigen Laden überhaupt. Da gibt's die tollen sauren Apfelbonbons. Ich hoffe, dass der eine ebensolche Kindheitserinnerung für die Kinder wird.

vom 28.01.2020, 08.19
Antwort von Kati:

Das hört sich auch schön an!


Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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