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Rückschläge

Der Rückschlag kam unerwartet, hart und gemein.
Was als Erkältung begann, steigerte sich zu Ohrenschmerzen, Mandelentzündung und Husten. Leider hat das verkrampfte nächtliche Husten mir nicht nur die Muskeln gezerrt, sondern anscheinend auch die ausgelaufene Bandscheibe so unter Druck gesetzt, dass die Nervenstränge wieder voll abgedrückt wurden.

Kurzfristige Höherstufung auf das Maximum an Morphin, das ich hier zuhause nehmen darf und ... warten.

Jetzt, zwei Wochen später, ist es ungefähr wieder so wie vorher.
Ich habe jeden Tag durchgehend Schmerzen, gehe aber nicht mehr die Wände hoch, weil ich es nicht mehr ertragen kann.
Ich kann sitzen, aber nicht wirklich lange.
Die Schmerzmitteldosis ist inzwischen wieder halbiert, aber noch nicht wieder dort, wo ich vor der Erkältung war.
Alles in Allem ist es frustrierend.

Meine Ausdauer steigt.
11 Kilometer in strammem Marschtempo waren es vor einigen Tagen und das ist ein gutes Tagespensum für jemanden, der sich vor zwei Monaten auch für 100 Meter Luftlinie ins Auto gesetzt hat, weil das Zeit spart.

Zeit habe ich dank der Schwere des Vorfalls ja nun mehr als genug.
Meine Tage bestehen aus Laufen, Übungen, Arztbesuchen, Physiotherapie, Ruhephasen, die ich im Bett verbringen muss, weil ich nur da einigermaßen schmerzarm bin und ein wenig Haushalt.
Ich darf nichts heben, nicht putzen, mich nicht überanstrengen.
Also habe ich alle Zeit der Welt, mich auf meine Heilung zu konzentrieren und fühle mich dabei isoliert genug, um langsam wahnsinnig zu werden.

Mann und Kinder halten sich dabei besser als ich.
Die Arbeit ist verteilt, auch wenn die Hauptlast auf dem Mann liegt.
Renovierungen wurden ausgesetzt und auch wenn mich das aufregt - es bringt ja nichts.
Loslassen und Entspannen sind meine Mantras und egal wie sehr ich sie hasse, sie bilden meinen Weg.
Die Kinder helfen im Haushalt mehr als vorher schon und meckern nur sehr selten.

Auf vier von sechs Wunschlisten steht, dass sie sich vom Weihnachtsmann wünschen, dass mein Rücken wieder gesund wird.
Sie bringen mir meine Wärmedecke, versorgen mich mit Wasser und trösten mich, wenn ich mal wieder Hunger habe und nichts von dem, was ich gekocht habe, mitessen darf.

Meine Nerven sind dünn.
Der große Sohn leidet sehr darunter, dass unser Haus von Freitag bis Samstag nicht mehr der allwöchentliche Treffpunkt für ihn und seine Freunde sein kann und ich fühle mit ihm.
Ich weiß, wie wichtig diese Treffen sind und wie sehr die Jungs davon profitieren.
Aber ich kann nicht.
Ich halte vier oder fünf pubertierende Halbstarke (zusätzlich zu den sechs Kindern im Haushalt) im Moment nicht gut aus.
Sein bester Freund war letzte Woche das erste Mal wieder über Nacht hier und das ging ganz gut.
Wir steigern das langsam.

"Es braucht Zeit", seufzt meine gesamte Umgebung unisono auf mein Klagen und ich tue mich so verdammt schwer damit, diese Zeit einfach verstreichen zu lassen.
Ich komme mir unnütz vor.
Abgeschieden.
Ausgegrenzt.

Meine körperliche Leistungsfähigkeit ist einer der Grund- und Eckpfeiler meines Selbstbildes.

[Gewesen.]

Kati 17.11.2017, 12.00

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Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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