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Wenn du nicht tot wärst...

... dann hättest du heute Geburtstag.

Hört man im Tod auf, Geburtstag zu haben?

Auf jeden Fall wohl nicht für die Lebenden. Und so wird auch für mich dieser Tag Zeit meines Lebens immer mit deinem Geburtstag verbunden sein.
Du bist jetzt fast 2 Jahre tot. Die Umstände deines Sterbens haben mir den Abschied von dir leicht gemacht. Dein Schweigen war immer leichter zu ertragen als der offene Hass. Weh tat beides.

Ich war noch keine 10 Jahre alt, als ich aufhörte, Mama zu dir zu sagen. Dieses Wort kam nie wieder über meine Lippen und auch in Gedanken nenne ich dich niemals so. Ich habe im Grunde keinen richtigen Namen für dich. Vielleicht hätten wir noch einen gefunden, wenn wir die Chance auf ein letztes Gespräch gehabt hätten... Ich weiß es nicht. Ich weiß, dass ich seit fast 2 Jahren meinen Vater wiederhabe. Neu kennenlerne. Anders kennenlerne. Das wäre nicht geschehen, wärst du nicht so früh gestorben. 

Manchmal besuchst du mich noch in meinen Träumen. Nicht mehr so bedrohlich wie früher. Es ist inzwischen okay. Ich kann dich dort lassen. Deine Macht war endlich.
Das begreife ich aber auch erst jetzt.

Vor einigen Wochen habe ich das allererste Mal in meinem Leben etwas Schönes von dir geträumt. Es war eine Abschiedsszene. Dein Gesicht war freundlich, zugewandt. Ohne Hass, ohne Bitterkeit. Du entferntest dich von mir und ich war lange unschlüssig, was ich tun sollte. Du warst so freundlich. Echt. Authentisch. So kannte ich dich nicht. Und irgendwie wusste ich, dass dies ein Abschied für immer sein würde. Also richtete ich mich irgendwann auf und schrie: "Ich liebe dich!" hinter dir her. Worte, die mir in unser beider Leben nie über die Lippen gekommen sind. Aber ich brüllte sie aus tiefster Seele. So laut ich nur konnte. Du musstest sie einfach hören. Und ich glaube, das tatest du. Du hast gelächelt. Mich angelächelt. Wie es eine Mutter getan hätte. Dann warst du verschwunden und ich blieb zurück.

Wo auch immer du nun bist, ich wünsche dir vor allem eines: Frieden.
Und dass du loslassen konntest, was dich innerlich zerfressen hat.

Kati 22.11.2019, 18.00

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von josch pöllath

Ein erschütternder Text: offen und kritisch, wie selten einer, wenn es um die eigene Eltern geht. Daher regt er mich sehr zum Nachdenken über mein Verhältnis zu meinen Eltern an. Ich glaube, dass Beziehungen erst gelingen können, wenn man die Primärbeziehungen ehrlich aufarbeitet. Danke für den Text. jk

vom 23.11.2019, 16.50


Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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