Sommerferien deluxe

Offizieller Tag 4 der Sommerferien und diesmal ist alles ein wenig anders. Das große Tochterkind hat einen Ausbildungsplatz und fängt in 13 Tagen mit der Arbeit an. Bis dahin sind noch so 3629 Dinge zu erledigen, für die man ein bisschen mehr Zeit hätte, wenn es ein paar Tage vor Ferienbeginn nicht plötzlich gehießen hätte: "Ach, ich mache übrigens doch kein Abitur!" Zusatzkind1 hat nach erfolglosen Gesprächen mit dem Jugendamt, der Psychiatrie, Freunden, Verwandten und Gott weiß noch mit wem erkannt, dass niemand sie hier herausholen wird, so unmenschlich wir auch sind, wenn wir verlangen, dass sie Dinge tut wie ... ihren Teller vom Tisch abräumen. Oder mal das eigene Zimmer saubermachen. Oder ähnliche Dinge, bei deren Kenntnis Amnesty International sofort eine Kampagne zur Rettung privilegierter 16jähriger starten würde. Also lautet ihr aktueller Plan: ausziehen. So schnell wie möglich. Das geht aber leider nur mit Ausbildung. Oder Geld. Und für beides muss man arbeiten. Das Leben ist schon verdammt unangenehm. Immerhin ist das Kind so auch endlich mal mit etwas beschäftigt. Eine Win-Win-Situation also. Kind4, 5 und 6 tun das, was sie am besten können: Chaos verursachen. Sich streiten, sich liebhaben, Abenteuer unternehmen und im Pool plantschen. Läuft. Das autistische Zusatzkind kann wie erwartet mit so viel freier  und unstrukturierter Zeit ohne minutiös ausgearbeitete Tagespläne überhaupt nichts anfangen und steht kurz vor dem Kollaps. Ich versuche, so etwas wie Entspannung in meinen Alltag zu bringen und erfreue mich fürs Erste jeden Tag daran, dass ich erst um 7 Uhr aufstehe. Wird.

Kati 19.07.2018, 15.00| (1/0) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: Alltag

Das verrückte Huhn - eine Liebeserklärung

Bernadette ist so etwas wie die Marianne Dudelhuhn unter den Wachteln, die hier leben.

Als Nachzügler mit etwas Hilfe aus dem Ei geschlüpft, immer ruhig, immer freundlich und voller Vertrauen in sich und die Welt. Ich mache die Stalltür auf, um die Tiere rauszulassen? Bernadette balanciert bereits auf der Kante und sobald sie meine Hand sieht, lässt sie sich vertrauensvoll hineinfallen. Egal, ob aus 5 oder 50 cm Abstand. Ich fang sie schon. Da passiert schon nichts. Ich drehe mich gerade um, um den neurotischen Franz wieder einzufangen? Bernadette hüpft schon mal in den Garten und geht ein wenig spazieren.

Natürlich nicht im Außengehege der Wachteln, das wäre ja langweilig - nein, im Menschengarten. Der Hund schubst sie vorsichtig Richtung Wachtelstall, sie schmiegt einmal kurz den Kopf an seine Schnauze und wandert dann weiter.

Der kleine Braunbär, der mal ein Hund werden wollte, fiept etwas hilflos vor sich hin und verfolgt sie weiter. So sehe ich immerhin, wo sie sich gerade befindet, die Tarnfähigkeit von Wachteln ist nämlich schon enorm. 

Als wir vor einigen Wochen einkaufen waren, hat sie es irgendwie geschafft, aus dem Außengehege auszubrechen und saß erwartungsvoll auf dem Bürgersteig, wo sie darauf wartete, dass jemand sie die Treppe zum Grundstück wieder hinauftragen würde. Einen anderen Tag ist es ihr gelungen, ins Hasengehege einzubrechen. Die Hasen waren wenig begeistert. 

Bernadette indessen interessiert das herzlich wenig. Sie sitzt neben mir auf der Hollywoodschaukel und lässt sich ein wenig hin- und herschaukeln, sie hüpft auf den Hund, wenn der im Weg liegt, findet die Katze höchst interessant und Menschen sowieso. Nur wenn es an der Zeit ist, ein Ei zu legen, dann muss Bernadette in ihre eigens dafür angelegte Kuhle und zieht die Grashalme wie eine schützende Decke über sich, bis nur noch ein wirrer grüner Hügel mit Schnabel zu erkennen ist. 
Dort bleibt sie ein paar Minuten sitzen und bei erfolgreicher Eiablage macht sie ein Geräusch wie ein kaputter Keilriemen, nur in etwas leiser.

Danach geht es auf ins nächste Abenteuer.

Kati 17.07.2018, 14.00| (3/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: tierisch

Töten verlernt man nicht

Das Töten ist mir nie sonderlich schwer gefallen. Es gehörte Zeit meines Lebens dazu wie das Atmen. Willst du Fleisch essen, musst du vorher ein Tier töten. So einfach war das. Das Töten selber verlernt man auch dann nicht, wenn Jahrzehnte vergehen. Es sind immer die gleichen Handgriffe. Ein sanfter Griff, eine sichere Hand.
Alles zurechtgelegt, damit es niemals hektisch wird. Die Vorbereitung war immer mein Ritual. Mit jedem Schritt, mit jedem Atemzug werde ich ruhiger. Wenn ich alle meine Dinge beisammen habe, sind Herzschlag und Atmung vollkommen im Einklang. Alles muss ordentlich sein, alles ruhig. Es geht um Frieden in diesem grausamen Akt. Alles liegt bereit, alles nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt.

Ich habe viele Tiere sterben sehen. Und hören. Viele haben grausam geschrieen, wenn sie herausgezogen wurden, an den Hinterbeinen hochgerissen, bis der Tod als Erlösung kam.

Ich war noch sehr sehr klein, als ich mir geschworen habe, dass kein Tier, das jemals durch meine Hand sterben würde, einen solchen Tod erleiden würde.

Und so kam es. 

Ich habe gegenüber meinem Vater und auch meinem Großvater früh eine Grenze gezogen, dass ihre Art des Tötens nicht die Meine sein würde. 
"Einen stillen Tod gibt es nicht, Kind!", sagte mein Großvater streng zu mir, bis er mir das erste Mal zusah. Danach haben wir nie wieder davon gesprochen

Was erst im Laufe meines Erwachsenenlebens hinzukam, ist die überwältigende Ehrfurcht.
Der Moment mit dem Tier zum Zeitpunkt seines Todes.
Die Intimität.
Die Dankbarkeit.
Demut.

[Nachtrag: Interessanterweise war der Anlass für diesen Beitrag, dass ein Tier von seinen Qualen erlöst wurde. Nicht, um es zu essen.]

Kati 16.07.2018, 18.00| (3/3) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: Vom Leben und Sterben

Der Kirschbaum

Vor einigen Wochen, als die Kirschernte begann, sind wir von draußen nach drinnen geflüchtet. Unsere Terrasse befindet sich nämlich genau unter dem großen Kirschbaum in unserem Garten. Rückblickend betrachtet nicht meine allerbeste Idee, aber die Gartenküchentür geht nun einmal genau dorthin auf. Zack, steht man unter dem Kirschbaum. Wo wir seit Monaten sitzen, war nun für einen Monat kein Auskommen mehr möglich. Tausende von Wespen machten sich über die Kirschen her, die unzähligen Früchte, die uns zu Beginn der Kirschernte in Nudeln, Eintöpfe, auf Teller, Köpfe und in Gläser gefallen sind, zähle ich hier gar nicht mit auf. Auch nicht die Vogelkacke der drei Dutzend Amseln und Eichelhäher, die den Baum im Sommer als Buffet nutzen. Die Wespen sorgten dafür, dass wir uns zum Essen wieder in unser Esszimmer zurückzogen. Einige Kilo Kirschen wanderten für die Weiterverarbeitung in meine Küche, der Rest war für die Vögel. Und die Wespen... Die Starkregenschauer der letzten Tage haben nun das Ende der Kirschenzeit eingeläutet, die letzten Reste wurden vom Baum gespült, die Zweige sind fast leer und der Terrassenboden übersät mit Resten. Und Wespen. Es ist abzusehen. Ein Besen und ein Schlauch werden in den nächsten Tagen dafür sorgen, dass die Sommerpause fürs Draußenessen vorbei ist. Und auch der Kirschbaum kann endlich wieder für das genutzt werden, wofür er das restliche Jahr dient: als Kletter-, Sitz- und Lesebaum.

Kati 12.07.2018, 12.00| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: Alltag

OP-Hase

Der große Hasenmops ist neuerdings unser Sorgenkind. Verkapselung unter der Schnauze, gefüllt mit Eiter.
Eiter ist ja bei Hasen immer ein wenig kritisch. 
Also Operationstermin gemacht und alles großzügig weggeschnitten. Im Heilungsprozess bildete sich neben der Wunde eine erneute Verkapselung.
Neuer OP-Termin und diesmal bleibt die Wunde offen. Offen halten, spülen, alle zwei Tage zum Tierarzt.
Ich hoffe so sehr, dass diesmal alles gut geht. Fressen geht anscheinend nun deutlich besser (trotz halbem Lappen, der ihm aus der Wunde hängt), das Tier hat innerhalb von drei Wochen (vor OP 1: 5,3 Kilogramm) wieder sein Normalgewicht von knapp 6 Kilogramm erreicht. Das ist ... sportlich.

Kati 11.07.2018, 12.00| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: tierisch

Abschiede

Laut ist es in mir.
So laut, dass ich kaum Worte finde, die nach außen dringen können, um Ordnung in das Chaos zu bringen.
So viele Baustellen gleichzeitig, so viele Umstände, Zustände, Missstände... wir zerreißen uns und doch ist es nie genug.
Nie genug Zeit, nie genug Kraft, einfach nie genug...
Wir sind am Limit dessen, was wir bewältigen können.
Ich finde ein wenig Trost draußen, an der frischen Luft, bei den Tieren, an der Sonne, im Regen, im Grün des Gartens.
Das große Kind entgleitet mir und nicht so, wie ich mir das immer gewünscht habe.
Ich muss auch den letzten Rest noch loslassen und Vertrauen haben in das, was da vielleicht draus erwachsen kann.
In das, was wir gesät haben.
Die Familie verkleinert sich wieder, lange bevor ich dazu bereit gewesen wäre.
Frage mich, wo meine Schuld liegt. War ich zu streng? Zu nachsichtig? Zu... irgendwas?
Oder hat auch das alles gar nichts mit mir zu tun?
Ist das letzten Endes der Lauf der Dinge?
Meine Aufgabe ist es, bei mir zu bleiben.
Bei meinem Leben. Nicht als Mutter oder Frau. Sondern meinem ureigenen Leben als Mensch.
Das geliebte große Kind, das eigentlich noch gar nicht so groß ist, will nun selber erwachsen sein.
Ohne Rücksicht auf irgendetwas oder irgendjemanden.
Und auch hier heißt es: mein moralisches Wertesystem muss nicht Ihres sein.
Sie darf ein eigener Mensch sein. Auch einer, der lügt und betrügt.
Nur auf lange Sicht nicht mehr hier in unserem Haus.
Das ist für uns inakzeptabel.
Und das wird sie genauso akzeptieren müssen wie wir andersherum.

Kati 10.07.2018, 12.00| (2/2) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: ziehen - beziehen - erziehen



Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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