Erntezeit

Jedes der Kinder bekam im Frühjahr einen großen Pflanzsack und eine Kartoffel von mir in die Hand gedrückt. Und jedes der Kinder musste sich schon vor Monaten entscheiden, was es mit seiner Ernte für die Familie kochen würde. Vor einigen Tagen war es endlich soweit und die ersten Kinder machten ihre Pflanzsäcke leer.
Was zum Vorschein kam, waren ganz wunderbare goldgelbe Kartoffeln.
Und nun freue ich mich auf Kartoffeln mit Braten und Rotkohl, Kartoffelpüree mit Fischstäbchen, auf Pommes Frites mit Schnitzel, auf Kartoffelauflauf und einiges mehr.

Es gehört zu meinen schönsten Garten-Erinnerungen, wenn wir früher im Herbst den Kartoffelacker umgegraben haben und ich freue mich, meinen Kindern einen Teil dieses Wunders zugänglich machen zu können.
Die Ungeduld, über Monate hinweg nur diese blöde grüne Pflanze ansehen zu können, sie gießen und pflegen zu müssen, ohne zu wissen, ob es Früchte trägt. Die Zuversicht, die man aufbringen muss, um daran zu glauben, dass das Leben schon seine Arbeit tut. Und schlussendlich dieses ehrfürchtige Staunen, wenn aus der einen Kartoffel vom Frühjahr ein ganzer Haufen Kartoffeln für eine Mahlzeit geworden ist.

Kati 17.10.2018, 12.00| (4/2) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: Alltag

Die Geburt in der Kaninchengruppe

Seit die kleine Schnuppe auf der Welt ist, ist sie Teil der Kaninchengruppe.
Was leider immer noch völlig unüblich ist - die trächtige Häsin in ihrer Gruppe zu belassen - ist hier jeden Tag ein Wunder, das zu beobachten ein Geschenk ist. 

Der Nestbau hatte für einige Aufregung gesorgt - die Mama hat sehr klar gemacht, dass die große Wurfbox im Stall "ihr" gehört und auch kein anderes Kaninchen diesen Raum betreten darf. Das haben die anderen recht schnell kapiert - wer legt sich schon freiwillig mit einer werdenden Mutter an...

Nach der Geburt lag die Schnuppe in ihrem Nestchen und bekam zwei- bis dreimal am Tag Besuch von der Mama zum Milch trinken und putzen. Soweit, so gut.
Die anderen Hasen hielten sich weiter von der Box fern.

Als das Baby langsam mobil wurde und schon aus dem Nest krabbelte, das Stroh raschelte und sich auch hörbar etwas tat, wurden die anderen Kaninchen neugierig.
Da steckte schon mal einer den Kopf in die Box um zu sehen, was passiert. Mehr aber auch nicht. Meistens kam sofort die Mama angehoppelt und sah nach dem rechten.

Erst als das Baby gelernt hatte, nicht nur aus dem Nest, sondern auch aus der Wurfbox herauszupurzeln und den Stall erkunden konnte, wurde es aufregend.
Die anderen Kaninchen fanden das kleine flauschige Wesen zunächst nämlich äußerst irritierend.
Wann immer sich alle großen Tiere auf Strohballen, auf Tischen, in Pflanzkübeln und auf Baumstämmen in Sicherheit brachten, war klar: Der Keks ist gerade auf Tour.
Die Mama hielt sich immer in Reichweite, damit das Baby auch keinen Unsinn macht. Oder die anderen Hasen. Aber die sahen ja hauptsächlich von oben zu und fragten sich, was das für ein Ding sei.

Inzwischen sind 25 Tage seit der Geburt vergangen und die Schnuppe hat den Stall und auch schon fast das gesamte Außengelände erkundet. Sie ist ein selbstverständlicher Teil der Gruppe (und es passiert nur noch selten, dass sich mal einer erschreckt, wenn der Fellfloh in seinem Übermut jemandem auf den Po springt). Wann immer ein anderer Hase Kontakt zu ihr aufnimmt (so wie im Bild), unterwirft sie sich sofort. Legt die Ohren nach hinten, duckt sich und schiebt ihr kleines Köpfchen unter das Kinn der Großen. Als Belohnung wird ihr meistens ein- oder auch zehnmal über den Kopf geleckt.
Und wenn sie richtig Pech hat, bekommt sie eine Ganzkörperwäsche von einer der Tanten oder dem Ziehvater.

Bei der Mama hingegen ist sie ziemlich aufsässig. Rennt beim Putzen weg, versucht doch noch an Milch zu kommen, wenn Mama gerade frühstückt oder beißt ihr einfach frech ins Ohr. Schön, dass sich das zumindest auch bei Tieren so durchzieht...

Kati 12.10.2018, 12.00| (1/0) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: tierisch

Hej Dad.

Ich bin hier. Du bist dort. Und trotzdem haben wir Kontakt. Nicht so, wie andere Menschen Kontakt haben, aber es hängt ein ganz dünnes loses Band zwischen uns. Mehr ein Faden als ein Band vielleicht. Es sind nur Momente, nur ein paar wenige Zeilen, die manchmal den Besitzer wechseln. Es ist Kontakt. Es ist kein Dialog. Wird es vermutlich auch nicht. Ich habe so viele Gefühle, die ich dir nicht schreibe, das willst du nicht. Ich akzeptiere das. Keine Vergangenheit. Das sind deine Spielregeln. Ich habe keine. Ich habe mich entschieden, dass ich mich darauf einlasse, was sich so zart entspinnt und vielleicht niemals weiterentwickelt als bis zu diesem Punkt. Wir schreiben über das Wetter. Über unsere Gärten. Über Dinge, die niemals persönlich werden können. Aber wir schreiben. Ich möchte dir manchmal so viele Dinge sagen. So vieles, das mich beschäftigt. Dass ich inzwischen - mit fast 40 Jahren - manche Dinge endlich verstehen kann. Ich bin nicht du. Du bist nicht ich. Und doch bist du ein Teil von mir. Nicht mehr als bedrohlicher Patriarch, der mir so viel Gepäck in meinen Rucksack geladen hat. Sondern als mein Vater. Da ist ein winziger Platz in meinem Herzen, der nur für dich ist. Das ist viel mehr, als ich jemals für möglich gehalten hätte und es entzieht sich jeder Bewertung. Es ist wie es ist.

Kati 09.10.2018, 12.00| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: Briefe

Sieben

Der närrische kleine Tuk hatte Geburtstag.
Und ich merke, dass mit der Zeit die Erinnerungen an die Geburten der Kinder und die Zeiten danach nicht unwichtiger, aber deutlich leiser werden. Natürlich habe ich mich erinnert, wie wir es nicht mehr geschafft haben, die anderen Kinder zur Tagesmutter zu bringen. Natürlich weiß ich noch, wie die Frau von der Anmeldung das alte Ehepaar aus dem Fahrstuhl gezogen hat, damit wir zuerst hochfahren können.
Wie meine Hebamme in lilafarbenen Gummistiefeln und schwarzem Minirock auf uns wartete und unsere übrigen Kinder dem verdatterten Arzt in die Hand drückte, bevor sie ihm die Tür vor der Nase zumachte. Und wie ich gefühlt gerade ein paar wenige Minuten im Kreissaal stand, immer noch verdattert, dass mein Körper bei seiner letzten Geburt all die Arbeit ohne Wehentropf schon ganz alleine zuhause gemacht haben sollte und dann nach Wimpernschlägen nur dieser winzige Brocken in diese Welt plumpste.
Ich weiß auch noch, wie glücklich ich dort, in diesem Moment war. Wie der Mann unsere Hebamme sanft beiseite schob und leise sagte: "Nein. Das ist meine Aufgabe."
Es war ein Moment des absoluten Glücks und des absoluten Friedens. 
Dieser Eine nur, bevor mein Körper seinen Dienst versagte und die folgenden Monate in Schmerz, Depression und Dunkelheit versanken.
Ich habe Fotos gemacht.
Jeden einzelnen Tag.
Damit ich mich trotz allem an seine Entwicklung erinnern würde, obwohl die Tage so verdammt schwarz waren.

All das hat weder seine Bedeutung noch seine Berechtigung - sondern nur seine Lautstärke verloren. 

Laut sind heute nur noch die Erinnerungen an sieben prall gefüllte Jahre mit diesem besonderen Kind.
Erinnerungen an jedes Lachen, jeden Wutanfall, jede Irrung und Wirrung, die wir mit ihm gegangen sind.
Sein Charme, seine rasante Entwicklung, seit er endlich hören kann, seine unfassbar liebenswerte Art.
Unser Nesthäkchen.
Unser letztes Kind.
So viel Liebe.

Kati 08.10.2018, 12.00| (2/2) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: ziehen - beziehen - erziehen

Metamorphose - vom Keks zum Kaninchen


Der Milchkeks ist quasi über Nacht ein richtiges Miniaturkaninchen geworden. Er wiegt mit 400 Gramm zwar nur einen Bruchteil des Gewichts, das seine Mama auf die Waage bringt, aber er passt zum Wiegen schon nicht mehr in die 1-Liter-Eisdose.
Zu viel Fell, zu viel Milchbauch.
Seine Ausflüge aus der Wurfbox in den großen Stall sind für alle Kaninchen der Gruppe recht... anstrengend, aber es wird. Und zur Not können ja auch alle anderen auf das Außengelände flüchten. Da lässt die Mama den kleinen Keks nämlich noch nicht hin. Er wird nach jeder Runde im Stall von seiner Helikoptermami wieder in die Wurfbox gescheucht und ins Nest geschubst.
Manchmal bleibt er dann motzig darin sitzen, manchmal aber auch nicht.

Kati 05.10.2018, 12.00| (1/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: tierisch

"Schöner Scheiß."

Das war vor zwei Wochen verständlicherweise nicht unbedingt das, was ich eigentlich von einem Arzt beim Blick auf die Röntgenbilder meiner Wirbelsäule hören wollte. Aber rückblickend betrachtet war genau das vielleicht das Richtige.
Eine Woche liegt hinter mir, in der ich statt 56 Mal Schmerzmittel genau 3 Mal Schmerzmittel genommen habe. Und dann auch noch nicht mal das, bei dem man blaue Einhörner sehen kann/darf/muss.
Anzahl der Angst- oder Panikattacken wegen drohendem Schwindel: Null.
Anzahl der Möglichkeiten, in denen ich schmerzfrei sitzen konnte: Einige.
Heute also erneute Sitzung beim Orthopäden, erneutes Vermessen, schieben, drücken, ziehen.

Ich habe endlich wieder das Gefühl, meine Beine sind gleichlang, die Hüft-, Kreuzbein-, Knie-, Schulter-, Nackenschmerzen sind ein weiteres Mal weniger geworden und trotz vollem Terminkalender heute gab es keinen Nervenzusammenbruch, kein Das-ist-mir-alles-zuviel-Gefühl, keinen Stress, nichts.

Ja, der Weg ist noch weit.
Aber ich kann ihn endlich sehen.

Kati 04.10.2018, 18.00| (1/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: out of order

Lichtblicke

Es sind dunkle Tage, die hier vergehen, doch vor 15 Tagen hat ein Hoffnungsschimmer das Licht der Welt erblickt. Ein großer Kindheitstraum ist damit in Erfüllung gegangen und es vergeht kein Tag, an dem ich nicht vor Dankbarkeit und Demut vor diesem kleinen Wunder auf die Knie fallen und der Welt versichern möchte, wie schön das Leben sein kann. Schmerzen und dunkle Gedanken sind in diesem Momenten so unwichtig, so klein, wenn ich diese Handvoll Leben halten darf. Unter den aufmerksamen Blicken seiner Mutter, die mir soweit vertraut, dass sie diesen Kontakt duldet. Es gibt nichts Kostbareres.

Kati 02.10.2018, 12.00| (1/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: tierisch



Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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