Be(An-)bauungsplan

Wir haben einen großen Garten.
Nicht riesig, aber schon groß. 
Das Haus steht mitten darin. 

Nun ist es so, dass wir den Hasen einen ebenfalls wirklich großen Teil des Gartens abgetreten haben und den Raketenhühnchen auch.
Die Kinder haben ihre Bewegungsstrecken und das 5-Meter-Trampolin, die Hunde haben ihre Rennstrecke und Schleichwege und wir haben natürlich Terrasse und Schaukelecke.

Da bleibt dann schon nicht mehr so wahnsinnig viel Platz übrig.
Jetzt habe ich aber die Ambition, möglichst viel Grünfutter für Frühling/Sommer/Herbst und Gemüse und Obst für uns anzubauen und fürs Einfrieren und Einkochen und Marmelade und Co. soll es auch noch reichen.
Und Sonnenblumen.
Es ist kein Garten ohne Sonnenblumen.

Ich kämpfe also um jeden Quadratmeter.

Im Hasengehege habe ich meine Pflanztische (in 1,50m Höhe wegen der Löffelterroristen) und ziehe die Pflanzen vor.
Von dort aus geht es dann auf umkämpftes Gebiet. Wird eine Pflanze geerntet, wird sofort die nächste Jungpflanze auf ihren Platz gesetzt.

In der Gartenerde (Bruchsteinstücke mit Lehm verdichtet auf Fels) geht es auf keinen Fall, dort wächst nicht mal Gras - außerdem darf keine Pflanze so stehen, dass die Hunde sie beim Toben umsemmeln oder schlimmer noch anpinkeln.

Also Hochbeete. (Hatte ich erwähnt, dass ein guter Teil des Gartens auch noch aus einem Hang besteht?)
Ich baue hier ein Hochbeet und dort Eines und habe Pflanzsäcke gefüllt mit guter Erde aus einem der 5 Komposthaufen. Und es ist immer zu wenig Platz. Immer.

Man kann sich jetzt darüber streiten, ob ich wirklich 300 Kohlrabipflanzen brauche oder 200 Kopfsalat oder 70 Kilo Kartoffeln, aber jedes Gemüse, das wir nicht essen oder haltbar machen, landet bei den Kaninchen und spart dort wiederum Futter.
Wer Kaninchen einmal über ein Feld mit Gemüse hat herfallen sehen, dem ist klar, dass es hier ein zu viel nicht gibt und warum diese Tiere abgeschossen werden. Also, nicht bei uns im Garten, aber sonst eben.

Jetzt kam ich dank Pinterest auf die großartige Idee, meine großen Pflanzen (Gurke, Zucchini, LuffaGurke) nicht eingeschränkt hochranken zu lassen, sondern ein Drahtgestell in zweieinhalb Meter Höhe über Teilen des Kaninchengeheges zu bauen und ihnen für den Sommer quasi ein Schattendach wachsen zu lassen. Sie kommen nicht an, die großen Pflanzen bekommen ihren Platz, spenden dafür Schatten und wir können bequem unter durch laufen und Gemüse ernten.

Eine zweite Gartenetage.

Dass ich da nicht früher drauf gekommen bin!

Kati 07.06.2020, 18.00| (2/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: Alltag

Schnitte

Ich habe heute die Funkien geteilt.

Nicht, dass das irgendetwas Besonderes gewesen wäre, das ich an anderen Tagen nicht tue, aber heute hat es mir ein Stück inneren Frieden geschenkt.
Nicht nur ein bisschen, nicht den allgegenwärtigen „Ich bin im Garten und so dankbar für Haus und Natur drumherum und das Wetter ist schön“-Frieden, sondern tiefes Glück. Das, das man spürt, wenn man mit sich und der Welt im Einklang ist. Wenn man geerdet ist. Viele dieser Redewendungen kommen völlig zu Recht aus der Natur.

Ich habe also aus einigen wunderbaren großen starken Pflanzen jeweils 4-6 „neue“ Pflanzen gemacht, wobei das ja gar nicht stimmt. Alles ist eins. Man gräbt den recht dichten und schweren Wurzelballen aus – ich habe das heute gemacht, weil es so viel geregnet hat und schön kühl ist – und lässt sich überraschen.

Es gibt zwei Arten von Pflanzen.

Die, die schon beim Ausgraben auseinanderfallen und bei denen man sich nur noch durch das Gewirr an Wurzeln schütteln muss, bis man ein halbes Dutzend neue Pflanzen in der Hand hält.
Sie sind perfekt. Jede Einzelne. Jede hat reichlich Blätter, schöne Wurzeln und ist an keiner Stelle mehr mit der ursprünglichen Pflanze verbunden.

Und dann gibt es die anderen. Der Wurzelballen ist so fest, so dicht verwachsen, dass selbst große Steine darin festgehalten werden. Das sind die Pflanzen, die ich am liebsten sofort wieder einbuddeln würde. Dort fällt nichts auseinander. Alles ist verbunden, dicke, saftige Rhizome ziehen sich von Pflanzenteil zu Pflanzenteil und es gibt nur eine Möglichkeit, diese Pflanzen zu teilen: Mit einem möglichst scharfen Messer.

Natürlich sieht man, wo sich die einzelnen Pflanzenteile voneinander trennen wollen, und genau dort schneidet man. Das ist für mich nie ein gutes Gefühl. Ist doch auch die Wahrscheinlichkeit, die Pflanze so zu verletzten, dass sie eingeht, sehr viel höher als im ersten Fall.
Und dann täte es mir um all die Jahre leid, die ich die Pflanze schon begleite – vom Samen bis hin zur prächtigen, ausladenden Staude.

Nur, weil so ein Depp wie ich plötzlich auf die Idee kommt, ein fest zusammengewachsenes Gefüge teilen zu wollen und dabei aus Unachtsamkeit einen Teil einfach tötet.

Aber ja, auch das ist Wachstum.
Das Trennen von (auch noch durchbluteten) Lebensadern.

Auf dass jeder einzelne Teil auf sich allein gestellt eine noch größere und noch prächtigere Pflanze werden kann, als es ihm im Verbund jemals möglich gewesen wäre.

Kati 06.06.2020, 20.00| (2/2) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: Alltag

Qual

Es sind Nächte wie die vergangene, auf die Tage wie heute folgen.
Voller Hass, Selbstzweifel, Trauer und Wut.
Voller Hätte und Wenn und Wäre.
Voller Trauer vor allem.
Wenn ungeweinte Tränen aus zwei Jahren in die Augen steigen und man nichts dagegen tun kann.
Außer weinen. Was man sich geschworen hat, wegen diesem Menschen nie wieder zu tun.
Auch wenn es das eigene Kind ist.
War?
Ach, ich weiß es ja nicht.

Die Zweifel sind groß und die kleine Menge der Menschen, die zum tausendsten Mal die tragische Geschichte meines Verlusts anhören wollen, tendiert inzwischen gen Null. Was ich sogar verstehen kann. Ich kenne alle Es ist jetzt schon lange hers, alle Sie ist ja nicht aus der Welts und vor allem alle Das wird irgendwann schon wieders.

Und ich zerbreche allein beim Gedanken an einen weiteren Allgemeinplatz, eine weitere Floskel, eine weitere sensationslüsterne Nachfrage. Ich kann das nicht mehr und ich will das nicht mehr.

Natürlich haben wir das aufgearbeitet. Dutzende Stunden mit und ohne Supervision darauf verschwendet, die Lage und jedem nur denkbaren Gesichtspunkt zu beleuchten und zu zerkauen. Intellektuell ist alles gesagt.

Das Herz schreit immer noch. Laut. Verzweifelt. Es gibt keinen Trost.
Will in den Arm nehmen, festhalten, nie wieder loslassen.
Will die Zeit zurückdrehen und irgendetwas anders machen.
Egal was.
Alles, wenn es nötig sein sollte.
Es ist müßig. Sie kommt nicht zurück. Ich kann sie nicht zu Kontakt zwingen. Zu Antworten schon gar nicht. Zwei Jahre ohne mein Kind. Ohne zu wissen, wie es ihr tatsächlich geht. Nur mit der Ahnung, mit hingeworfenen Brocken von Jahr zu Jahr, mit Bruchstücken aus Polizeiberichten, und mit ganz viel vorgespieltem Alles in Ordnung. Mit Schweigen. Vor allem mit Schweigen.

Und einem in unendlich viele Stücke zersprungenen Mutterherz, das kaum noch in der Lage ist, irgendetwas zu empfinden.

Kati 01.06.2020, 07.00| (3/3) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: ziehen - beziehen - erziehen



Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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